Projekt “Aus - die Traube”
Die Traube blüht kurz vor ihrem Ende auf
Artikel aus der Strohgäu Extra vom 19.10.2009 Ditzingen Kunst mitten im Ort und abseits im Atelier: die Ditzinger Künstler haben ihre Kreativität gezeigt. Von Kathrin Haasis
Kurz vor ihrem Ende blüht die Traube noch einmal auf: Frisch gestrichen und neu gestaltet ist die leer stehende Gaststätte in Ditzingen am Wochenende der Öffentlichkeit präsentiert worden. Aus der einstigen Spelunke ist ein farbenfrohes Gesamtkunstwerk geworden, zwei Monate Arbeit haben 15 Kreative in das Projekt gesteckt. Im Gastraum liegen hunderte Bierdeckel verstreut auf dem Boden. Auf einem Tisch stehen drei Bierflaschen, ein Teller voller Salzgebäck und Spielkarten. Als wären die Stammgäste nur kurz aufgestanden - so wirkt die Installation. Die Wände drumherum wurden mit Wein- und Bierflaschen bemalt oder behängt, mit einer Collage aus leeren Zigarettenschachteln beklebt, mit Sprüchen wie "Wein, Weib und Gesang" beschrieben.
Da staunen die Besucher. "Ist ja witzig", sagt eine Frau. "Cool", erklärt eine Jugendliche. In der Küche geht das Kunstwerk weiter. Dort werden alte Fundstücke neben neuer Keramik ausgestellt, völlig verstaubte Gläser, ein vergilbtes Mieder, verschmutztes Lametta neben einer riesigen Erdbeere, bunten Tortenstücken oder knallgrünen Erbsen. In der Scheune sind hinter einem schwarzen Tüllstoff Masken zu sehen - Sinnbilder für die finsteren Gestalten, die in dem Lokal vielleicht einmal ein- und ausgegangen sind.
In die Wohnung im ersten Stock ist unter anderem das Meer eingezogen. Im Wohnzimmer zeigt Gabriele Landgrafe ihre Fantasie-Fischfiguren. Menschlichen Körpern hat sie beeindruckende Schuppenhäute und Fischköpfe übergezogen. Iris Hock hat das Schlafzimmer in ein tiefblaues Reich für ihre Nixe Aquarina verwandelt: Wellengeräusche erklingen dort, der Boden ist mit Sand bestreut, aus einer Schatztruhe quellen Goldstücke, durchs Fenster blickt ein Taucher hinein. "Es hat viel Spaß gemacht", sagt Iris Hock über die Raumgestaltung. Normalerweise fertigt sie 40 Zentimeter hohe Figuren, in der Traube musste sie sich dagegen keine Grenzen setzen. "Hier konnte ich mit Farbe um mich werfen", erzählt sie begeistert.
Im Frühjahr soll das 400 Jahre alte Haus in der Marktstraße 8 abgerissen werden. Bis dahin wollen die Künstler einmal im Monat die Gaststätte öffnen. "Damit wirklich alle Ditzinger in den Genuss unserer Aktion kommen", sagt Günter Sessel-Zimmermann, einer der Beteiligten. Beim Publikum kam sie jedenfalls gut an. "Man muss den Hut ziehen", schrieb ein Besucher ins Gästebuch. "Schade, dass diese genialen Ideen nicht für immer in Ditzingen zu bestaunen sind", befand ein anderer.
Wer danach auf den Kunstgeschmack gekommen ist, hat am Sonntag noch sieben Ateliers in der Stadt besuchen können. Margarete Hardt und ihre Kollegen veranstalteten zum zweiten Mal einen Tag der offenen Tür. Radierungen, Holzdrucke und Malerei zeigte sie in ihrer Arbeitsstätte in der Gröninger Straße. Steine sind momentan ihr Thema, mit groben Pinselstrichen und in grauen Farben türmt sie die Brocken auf der Leinwand auf. Umso feiner wirken daneben ihre Radierungen, die von einer Tempelanlage in Syrien inspiriert sind. Margarete Hardt empfängt gerne Besucher in ihrem Atelier: "Dabei kommen immer interessante Gesprächsthemen auf", sagt sie.
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